09/18/16

Neuerung bei Vereinbarungen zur Schriftform in Verbraucher-AGB

Häufig finden sich in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) Regelungen, nach denen bestimmte Erklärungen nur wirksam sein sollen, wenn sie schriftlich erfolgen. Auch wenn dies schon bislang z.T. rechtlichen Bedenken begegnete, wird sich die Rechtslage ab 01.10.2016 nochmals deutlich verschärfen. Denn ab dann gelten veränderte gesetzliche Vorgaben zur formularmäßigen Vereinbarung der Schriftform für Anzeigen und Erklärungen. Durch das „Gesetz zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts“ erfolgt eine Änderung von § 309 Nr. 13 BGB, so dass es in AGB gegenüber Verbrauchern künftig unzulässig sein wird, für die Wirksamkeit der Abgabe von Anzeigen und Erklärungen die Einhaltung der Schriftform zu vereinbaren. Was das im Einzelnen für die Unternehmen bedeutet und was nun zu tun ist, erläutert unser Referent, Rechtsanwalt Dr. Ulrich Becker von der Kanzlei CMS Hasche Sigle, auf dem Maschinenrechtstag 2016 in Köln.

Nachfolgend eine schriftliche Ausarbeitung des Referates:

Neuerung bei Vereinbarungen zur Schriftform in Verbraucher-AGB

In AGB finden sich sehr häufig Bestimmungen, nach denen Erklärungen einer Vertragspartei nur wirksam sind, wenn sie schriftlich erfolgen.

Status Quo
Für nachträgliche Änderungen eines geschlossenen Vertrages ist nach ständiger Rechtsprechung die einfache oder doppelte Schriftformklausel in AGB unwirksam, und zwar sowohl gegenüber Verbrauchern (B2C) als auch zwischen Unternehmern (B2B). Eine einfache Schriftformklausel besagt, dass eine Änderung des Vertrages der Schriftform bedarf, wohingegen die doppelte Schriftformklausel auch die Änderung der Schriftformklausel selbst der Schriftform unterwirft.

Etwas anderes gilt nach gegenwärtiger Rechtslage für die Vereinbarung einer Form für die Abgabe von Anzeigen und Erklärungen zum Vertrag, also z.B. Kündigungs- und Rücktrittserklärungen, Mahnungen, Mängelanzeigen, Fristsetzungen, Schadensmeldungen, Abtretungserklärungen etc. Hier geht es nicht um Änderungen des Vertragsinhalts selbst. Vereinbarungen zu einer bestimmten Form für Anzeigen und Erklärungen zum Vertrag sind nur dann unwirksam, wenn „eine strengere Form als die Schriftform“ gelten soll, wenn also z.B. vorgesehen ist, dass die Kündigung nur in notariell beglaubigter Form erfolgen darf. Ein Schriftformerfordernis bei diesen Anzeigen und Erklärungen ist nach derzeitiger allgemeiner Meinung in AGB grundsätzlich zulässig.

Gesetzesänderung
Diese Rechtslage ändert sich nun allerdings. Nach § 309 Nr. 13 lit. b) BGB in seiner ab 01.10.2016 geltenden Fassung werden formularmäßige Formvorgaben, die eine strengere Form als die Textform vorschreiben, für Anzeigen oder Erklärungen, die gegenüber dem AGB-Verwender oder einem Dritten abzugeben sind, unwirksam sein. Eine strengere Form als die Textform sind vor allem die (gesetzliche) Schriftform (§ 126 BGB), aber – wie gesehen – auch die notarielle Beurkundung (§ 128 BGB; §§ 6 ff. BeurkG) oder die öffentliche Beglaubigung (§ 129 BGB).

Unternehmer dürfen daher ab dem 01.10.2016 gegenüber Verbrauchern nur noch Klauseln verwenden, die für die gegenüber dem Unternehmer oder Dritten abzugebenden Anzeigen und Erklärungen nicht mehr als die Textform vorschreiben. Die Textform (§ 126 b BGB) wird beispielsweise durch ein Fax oder eine E-Mail gewahrt.

Notariell zu beurkundende Verträge (wie etwa der Grundstückskaufvertrag), bleiben von der Gesetzesänderung verschont: gem. § 309 Nr. 13 lit. a) wird die Vorgabe der Schriftform für Anzeigen und Erklärungen weiterhin möglich sein.

Relevanz für die Ausgestaltung der AGB
Die Klauselpraxis hat sich – natürlich – an der bisherigen Rechtslage orientiert. In den allermeisten AGB finden sich Regelungen, die insoweit rechtlich zulässig sind oder, um es deutlicher zu sagen, bis 30.09.2016 noch zulässig sind. Was ändert sich für die Unternehmen nun durch die Gesetzesänderung? Die Beantwortung dieser Frage hängt davon ab, ob die AGB gegenüber Verbrauchern verwendet werden oder gegenüber Unternehmen. Im ersten Fall ist klar: die bisherigen Regelungen müssen (!) angepasst werden.

Aber gilt das auch für B2B-AGB? Die neue Vorschrift wird wie gesagt unmittelbar nur für AGB gegenüber Verbrauchern (B2C) gelten. Ob das Schriftformverbot auch zwischen Unternehmern gelten wird, lässt sich derzeit nicht sicher abschätzen. Zum Teil wird davon ausgegangen, dass die Änderung keine Auswirkungen auf Verträge zwischen Unternehmern haben wird. Als zentrales Argument wird angeführt, dass die gesetzgeberische Motivation für die Änderung Erwägungen des Verbraucherschutzes sind. Die Rechtsprechung nahm aber schon von jeher bei vielen anderen „Klauselverboten ohne Wertungsmöglichkeit“ nach § 309 BGB (die unmittelbar nur im B2C gelten) eine Indizwirkung auch für den unternehmerischen Verkehr an. Ob das auch bei dem neuen § 309 Nr. 13 lit. b) BGB so sein wird, muss abgewartet werden. Es verbleibt ein gewisses Risiko.

Rechtsfolge von Gesetzesverstößen
Die Beachtung der Gesetzesänderung ist nicht nur "formaler" Natur. Die Konsequenz aus Klauseln, die gegen die Vorgaben der neu gefassten Regelung verstoßen, können durchaus gewichtig ausfalle. Die Klauseln sind unwirksam und fallen damit ersatzlos weg, verbunden mit der Konsequenz, dass überhaupt keine vertragliche Vereinbarungen zur Form von Anzeigen und Erklärungen existieren. Anzeigen und Erklärungen dürfen dann formlos, also sogar mündlich abgegeben werden. Das führt für Unternehmen dann sehr schnell zu erheblichen Dokumentations- und Nachweisproblemen.

Außerdem ist die Verwendung unwirksamer AGB wettbewerbswidrig. Verstöße können zu Abmahnungen, Unterlassungsklagen – auch von Verbänden nach dem Unterlassungsklagegesetz (UKlaG) – oder Schadensersatzklagen durch Mitbewerber führen.

Fazit

Die Änderung gilt für Verträge, die ab dem 01.10.2016 geschlossen werden. Vorher abgeschlossene Verträge sind von der Gesetzesänderung nicht betroffen und bedürfen grundsätzlich keiner Anpassung. In jedem Fall sind AGB, die gegenüber Verbrauchern verwendet werden sollen, auf die neue Rechtslage hin zu überprüfen und anzupassen. Im B2B-Bereich sollte man die weitere Entwicklung abwarten.

Kontakt zum Autor:

Rechtsanwalt Dr. Ulrich Becker
CMS Hasche Sigle
Neue Mainzer Straße 2-4
60311 Frankfurt am Main

Mail: ulrich.becker@cms-hs.com
Tel.: +49 69 71701 119

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