Bauprodukte-VO (EU) Nr. 305/2011

Am 4.4.2011 wurde die Verordnung (EU) Nr. 305/2011 im europäischen Amtsblatt veröffentlicht (ABl. Nr. L 88/5 vom 4.4.2011).

Die Verordnung dient der "Festlegung harmonisierter Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten und zur Aufhebung der Richtlinie 89/106/EWG des Rates" (Bauprodukterichtlinie).

Zum Volltext der Bauprodukteverordnung siehe

Bauprodukteverordnung (EU) Nr. 305/2011

Die Verordnung ist am 24.4.2011 in Kraft getreten und hat die Bauprodukterichtlinie 89/106/EWG abgelöst, die aufgehoben wird.

Mit dem

Gesetz zur Anpassung des Bauproduktengesetzes und weiterer Rechtsvorschriften an die Verordnung (EU) Nr. 305/2011 zur Festlegung harmonisierter Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten
vom 5. Dezember 2012
BGBl I, Nr. 57, S. 2449

wurde das deutsche Bauproduktengesetz an die neue Rechtslage angepasst. Artikel 2 dieses Anpassungsgesetzes enthält dazu das neue Bauproduktegesetz (BauPG), das am 1. Juli 2013 in Kraft getreten ist. Gleichzeitig ist zu diesem Zeitpunkt das alte Bauproduktegesetz außer Kraft getreten.

Die europäische Bauprodukteverordnung ist vom Maschinenhersteller beim Inverkehrbringen von  Maschinen / Maschinenanlagen ggf. zusätzlich zur Maschinenrichtlinie 2006/42/EG anzuwenden. Voraussetzung ist

  • sie sollen dauerhaft in Gebäude / Bauwerke installiert werden
    und
  • deren Leistung wirkt sich auf die Leistung des Bauwerks im Hinblick auf die Grundanforderungen an Bauwerke aus

Die Grundanforderungen an Bauwerke sind in Anhang I der Bauprodukteverordnung festgelegt. Die Hauptgruppen dieser Grundanforderungen sind hiernach:

  • Mechanische Festigkeit und Standsicherheit
  • Brandschutz
  • Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz
  • Sicherheit und Barrierefreiheit bei der Nutzung
  • Schallschutz
  • Energieeinsparung und Wärmeschutz
  • Nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen

Bei solchen Maschinen kann es sich z.B. handeln um

  • kraftbetätigte Türen und Tore
  • kraftbetätigte Fenster
  • kraftbetätigte Markisen oder Jalusien
  • kraftbetätigte Armaturen
  • Klimaanlagen
  • Lüftungstechnische Anlagen
  • Heizungsanlagen
  • Rauch- und Wärmeabzugsanlagen

Dagegen sind Maschinen und Anlagen, die zwar in einem Gebäude dauerhaft untergebracht und auch fest mit dem Gebäude verbunden sind, deren Leistung sich jedoch nicht auf die Grundanforderungen an Bauwerke auswirkt, keine Bauprodukte.

Siehe hierzu auch

§ 92 des EU-Leitfadens zur Maschinenrichtlinie

Die EU-Kommission hat auf Ihrer Website Fragen und Antworten zur Anwendung der Bauprodukte-VO veröffentlicht:

FAQ covering the Construction Products Regulation (CPR)

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EN 1090-1 "Ausführung von Stahltragwerken und Aluminiumtragwerken"

Die EN 1090-1 regelt das "Konformitätsnachweisverfahren für tragende Bauteile" von Bauwerken. Diese Norm ist auf Basis der EU-Bauprodukteverordnung Nr. 305/2011 harmonisiert. Immer wieder kommt es zu Diskussionen im Maschinenbau inwieweit die EN 1090-1 zwingend auch vom Maschinenhersteller für die statisch wichtigen Teile der Unterkonstruktionen seiner Maschinen anzuwenden ist.

Zum Zusammenspiel des Baurechts und der Maschinenrichtlinie siehe der Beitrag:

Schnittstelle Maschinenrichtlinie / EU-Bauprodukteverordnung

Dabei wird in der Regel vergessen, dass solche Maschinengestelle regelmäßig keine Bauprodukte sind und insofern formal auch nicht von der EN 1090-1 erfasst werden.

Siehe hierzu auch das Urteil des EuGH:

Anwendung der EN 1090-1:2009+A1:2011

Allerdings spricht nichts dagegen, wenn der Maschinenhersteller die EN 1090-1 als Basis nimmt, um den Stand der Technik von solchen Maschinengestellen zu ermitteln.

 

 

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Schnittstelle Maschinenrichtlinie / EU-Bauprodukte-VO / nationales Baurecht

Nicht immer einfach ist die Schnittstelle zwischen der Maschinenrichtlinie und der EU-Bauprodukte-VO sowie dem nationalen deutschen Baurecht. Das liegt nicht zuletzt daran, dass es im Baurecht noch keine wirkliche europäische Harmonisierung gibt.

Beurteilt man das Zusammenspiel der o.a Rechtsvorschriften, muss man zunächst feststellen, ob eine in der Maschinenrichtlinie geregelte Maschine auch ein Bauwerk im Sinne der EU-Bauprodukte-VO ist. Nur ein Produkt, das dazu gedacht ist, "dauerhaft in Bauwerke oder Teilen davon eingebaut zu werden und dessen Leistung sich auf die Leistung des Bauwerks in Hinblick auf die Grundanforderungen an Bauwerke auswirkt", ist nämlich grundsätzlich ein Bauprodukt, und nur hier greift ggf. auch das nationale Baurecht ein.

Bestimmte Maschinen, wie bewegliche Brücken und Windkraftanlagen, sind unstrittig Bauwerke im Sinne der baurechtlichen Bestimmungen. Bauwerke unterliegen in Deutschland grundsätzlich national festgelegten Anforderungen. Dabei sind solche nationalen deutschen Anforderungen an Bauwerke aber nur insoweit zulässig, wie das europäische Binnenmarktrecht hierzu keine harmonisierten Regelungen trifft. Für die o.a. Maschinen sind dies z.B. die europäische Maschinenrichtlinie sowie ggf. weitere mitgeltende EU-Regelungen, aber wie das Beispiel "Fahrgeschäfte" zeigt auch die europäische Niederspannungsrichtlinie 2014/35/EU. Siehe hierzu auch das Urteil des EuGH zur nationalen deutschen Bauregelliste:

Nationale Bestimmungen zusätzlich zu "CE" sind unzulässig

Insofern kann es sein, dass die EU Regelungen zum Inverkehrbringen von Bauprodukten trifft, die dann Bestandteil von Maschinen werden, das nationale Baurecht für das Bauwerk selbst wegen übergeordneter EU-Regelungen aber nicht bzw. nur in Teilen greift. Die Schnittstelle bei einer Maschine kann das Fundament sein, auf dass diese Maschine aufgestellt wird. Hier kommt es allerdings darauf an, ob es sich um ein bauseitig vorhandenes "allgemeines" Fundament handelt oder ob das Fundament speziell für die Maschine errichtet wird und damit Bestandteil der Maschine wird. Siehe hierzu die CE-FAQ:

Gehören Fundamente, Kranbahnen usw. zur Maschine?

Zu dem Thema siehe auch

Turm einer Windkraftanlage Bestandteil der Maschine?

Das Zusammenspiel bzw. die Schnittstelle zwischen diesen verschiedenen Rechtsvorschriften ist in der nachfolgenden Präsentation dargestellt:

Schnittstelle Maschinenrichtlinie 2006/42/EG / Bauprodukte-VO EU-Nr_305/2011

Die Schnittstelle zwischen dem europäischen Binnenmarktrecht und dem nationalen Baurecht bereitet häufig Probleme. Örtliche Baubehörden gehen nach den nationalen baurechtlichen Anforderungen vor und stufen Maschinen / Gesamtheiten von Maschinen (Maschinenanlagen) als Bauwerke ein. So z.B. bei Windkraftanlagen, Kühltürmen, Betonmischanlagen, Klapp- und Zugbrücken, Schleusenanlagen, .... Dazu verlangen sie dann, dass der Hersteller das baurechtlich Genehmigungsverfahren durchläuft. Insbesondere werden immer wieder Nachweise über die Statik und den Brandschutz verlangt. Zu diesem Thema siehe die FAQ:

Probleme Baurecht / EU-Binnenmarktrecht

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NRW: Landesbauordnung geändert

Am 26.10.2023 hat NRW eine neue Änderung der Landesbauordnung bekannt gegeben. Diese wurde am Tag zuvor im Landtag beschlossen.

Für Maschinenbauer wichtig ist hierbei die Klarstellung im Anwendungsbereich:

"Ferner gilt es [das Gesetz] für Windenergieanlagen oder Maschinen, soweit die an sie gestellten Anforderungen nicht bereits durch CE-Kennzeichen und EG-Konformitätserklärung mit den in Anhang II Teil 1 Abschnitt A der Richtlinie 2006/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Maschinen [...], - Maschinenrichtlinie - aufgeführten Angaben abgedeckt sind."

Die Nennung von Windkraftanlagen scheint erstmal überflüssig, da diese auch Maschinen sind. Es gibt aber gute Gründe:

  1. Damit entgeht man der Diskussion, ob Turm und Fundament Bauwerk oder Maschine sind. Sie sind auf jeden Fall Teil der Windkraftanlage.
  2. Die Windkraftanlage selbst wird an anderen Stellen der Bauordnung separat erwähnt. Die Nennung hier erleichtert die Stichwortsuche.

Natürlich sind mit Maschinen an dieser Stelle auch Klappbrücken, Silos, Schleusen, Schiffshebewerke und andere Maschinen, die auch Bauwerke im Sinne des Baurechts sind, gemeint.

Besonders wichtig sind hierbei die Angaben in Anhang II Teil 1 Abschnitt A 4. der MRL:

"einen Satz, in dem ausdrücklich erklärt wird, dass die Maschine allen einschlägigen Bestimmungen dieser Richtlinie entspricht, und gegebenenfalls einen ähnlichen Satz, in dem die Übereinstimmung mit anderen Richtlinien und/oder einschlägigen Bestimmungen, denen die Maschine entspricht, erklärt wird."

Hiermit gilt diese Anpassung im Gesetz nicht nur für die Anforderungen, die durch die Maschinenrichtlinie abgedeckt sind, sondern auch für alle anderen einschlägigen EU-Rechtsvorschriften.

Damit ist nun in der Landesbauordnung die schon seit 1995 geltende Rechtslage klargestellt worden, dass EU-Recht über Landesrecht steht. Z.B. wird die Statik einer Maschine nur über die Maschinenrichtlinie geregelt und ist auch nur nach dieser zu prüfen.

Da dies in der Praxis trotzdem nicht immer vollzogen wurde, ist die Änderung an dieser Stelle ausdrücklich zu begrüßen.

Siehe hierzu:

LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
Drucksache 18/6587 vom 26.10.2023
Zweites Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung 2018

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-------------------------FAQ EU-BAUPRODUKTEVERORDNUNG------------------------------

Probleme nationales Baurecht / EU-Binnenmarktrecht

Die Schnittstelle zwischen dem europäischen Binnenmarktrecht und dem nationalen Baurecht bereitet häufig Probleme. Örtliche Baubehörden gehen nach den nationalen baurechtlichen Anforderungen vor und stufen Maschinen / Gesamtheiten von Maschinen (Maschinenanlagen) als Bauwerke ein. So z.B. bei Windkraftanlagen, Kühltürmen, Betonmischanlagen, Klapp- und Zugbrücken, Schleusenanlagen usw. Dazu verlangen sie dann, dass der Hersteller das baurechtlich Genehmigungsverfahren durchläuft. Insbesondere werden immer wieder Nachweise über die Statik und den Brandschutz verlangt.

Soweit es sich bei den "Bauwerken" um Maschinen oder Maschinenanlagen handelt, ist dies nach dem europäischen Produktrecht nicht zulässig. Diese Forderungen gehen über die Anforderungen des -höherwertigen- EU-Rechts hinaus und stellen insofern ein verbotenes Handelhemmnis dar.

In solchen Fällen könnte der Hersteller die Baubehörden z.B. mit nachfolgendem Schreiben auf die EU-rechtlich unzulässigen Forderungen hinweisen:

BRIEF-ENTWURF

"Sehr geehrter / geehrte Herr / Frau ...,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom (Datum einfügen), in der Sie einen Brandschutznachweis und den Nachweis der Standsicherheit für die Maschine "(Bezeichnung der Maschine einfügen)" der Fa. (Herstellername einfügen) fordern.

Bitte beachten Sie, das die besagte (Bezeichnung der Maschine einfügen) eine Maschine im Sinne von § 2 Nr. 2 der 9. Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz (9. ProdSV - Maschinenverordnung) ist. Diese Verordnung regelt nach deren § 1 Absatz 1 "die Bereitstellung auf dem Markt und die Inbetriebnahme" der Produkte, die in ihren Anwendungsbereich fallen. Mit der 9. ProdSV wird in Verbindung mit dem Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) die europäische Maschinenrichtlinie 2006/42/EG (MRL) in verbindliches nationales Recht umgesetzt.

Die MRL hat die Anforderungen an die Statik und den Brandschutz abschließend in ihrem Anhang I geregelt:

    1.3.1 Risiko des Verlusts der Standsicherheit
    1.5.6 Brand

Auch das Konformitätsbewertungsverfahren ist in ihrem Artikel 12 abschließend geregelt.

Nationale zusätzliche Anforderungen an Bau- und Ausrüstung und dazu gehören auch Prüfungen, wie die von Ihnen geforderten Nachweise an den Brandschutz und die Standsicherheit, sind für Produkte, die unter den Anwendungsbereich der MRL und damit auch den der 9. ProdSV fallen, nicht zulässig. Siehe hierzu insbesondere Artikel 15 der MRL:

"Artikel 15
Installation und Verwendung der Maschinen

Diese Richtlinie berührt nicht das Recht der Mitgliedstaaten, im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht Anforderungen festzulegen, die sie zum Schutz von Personen, insbesondere von Arbeitnehmern, bei der Verwendung der Maschinen für notwendig erachten, sofern dies keine Veränderungen dieser Maschinen gegenüber den Bestimmungen dieser Richtlinie zur Folge hat.
"

Ihre Forderungen verstoßen gegen das europäische harmonisierte Recht und stellen insofern ein Handelshemmnis im Sinne der Europäischen Verträge dar.

Im Übrigen stelle ich fest, dass Ihre Behörde in Fragen der Maschinensicherheit und damit auch der Stabilität und des Brandschutzes von Maschinen nicht zuständig ist. Zuständig ist hier die örtlich zuständige Marktüberwachungsbehörde:

(Behördennamen und Anschrift eintragen, ggf. über ICSMS suchen)

Sollten Sie weiterhin auf Ihren Forderungen bestehen, sehe ich mich gezwungen, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ich würde mich freuen, wenn das nicht notwendig wird.

Mit freundlichen Grüßen"

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