EMV-Richtlinie 2014/30/EU

Die EMV-Richtlinie 2014/30/EU hat die alte EMV-Richtlinie 2004/108/EG zum 20. April 2016 abgelöst. Zur neuen EMV-Richtlinie 2014/30/EU siehe:

EMV-Richtlinie 2014/30/EU

Die EMV-Richtlinie ist bei Maschinen / Maschinenanlagen zusätzlich zur Maschinenrichtlinie zum Schutz gegen elektromagnetische Störungen anzuwenden. Sie richtet sich an die folgenden Wirtschaftsakteure:

  • Hersteller
  • Einführer
  • Händler

Nicht erfasst wird der Eigenhersteller.

Die EMV-Richtlinie deckt keine Gefährdung ab, die von der Maschine / Maschinenanlage ausgeht. Siehe hierzu der Erwägungsgrund 13 der EMV-Richtlinie:

"Diese Richtlinie sollte nicht die Sicherheit von Betriebsmitteln regeln, da diese in besonderen gemeinschaftlichen und einzelstaatlichen Rechtsvorschriften geregelt wird."

Die Maschinenrichtlinie ist eine solche besondere gemeinschaftliche Rechtsvorschrift.

Die EMV-Richtlinie ist damit zwar keine spezielle Richtlinie im Sinne des Artikel 3 der Maschinenrichtlinie. Sie regelt z.B. nicht die Vermeidung der in Anhang I Nr. 1.5.10 "Strahlung" aufgeführten Gefährdung. Allerdings muss der Hersteller einer Maschine / Maschinenanlage immer alle einschlägigen Richtlinien einhalten und bestätigt dies ggf. auch mit der CE-Kennzeichnung.

Die Maschinenrichtlinie enthält allerdings in Anhang I ebenfalls Anforderung hinsichtlich der Störfestigkeit einer Maschine / Maschinenanlage:

Nr. 1.5.11. Strahlung von außen
Die Maschine muss so konstruiert und gebaut sein, dass ihre Funktion durch Strahlung von außen nicht beeinträchtigt wird.

Hier geht man allerdings davon aus, dass eine solche Strahlung die Funktion der Maschine stören kann, so dass daraus eine gefährliche Situation entsteht. Diese gefährliche Situation zu vermeiden ist Ziel der Maschinenrichtlinie.

Bauteile / Baugruppen
Die EMV-Richtlinie gilt grundsätzlich für fertige Apparate. Für Bauteile / Baugruppen gilt sie nur insoweit, wie diese

  • vom Endnutzer in ein Gerät einzubauen sind
    und/oder
  • vom Endnutzer erworben werden können

Nützliche Informationen zum Thema EMV hält die Bundesnetzagentur bereit:

EMV-Informationen

Seit März 2018 ist auch ein Leitfaden verfügbar, den Sie auch in unserem Downloadbereich finden:

Guide for the EMCD (Directive 2014/30/EU)

Siehe hierzu auch:

§ 92 des EU-Maschinenrichtlinien-Leitfadens zur EMV-Richtlinie 2014/30/EU

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Ortsfeste Anlagen im Sinne der EMV-Richtlinie 2014/30/EU

Die EMV-Richtlinie regelt im europäischen Binnenmarkt die elektromagnetische Verträglichkeit von Betriebsmitteln und stellt Anforderungen an diese Betriebsmittel. Dabei unterteilt sie die Betriebsmittel in Geräte und ortsfeste Anlagen. Für ortsfeste Anlagen gelten formale Erleichterungen.

Nur:

  • Was genau sind "ortsfeste Anlagen" im Sinne der EMV-Richtlinie 2014/30/EU?
  • Gelten die formalen Erleichterungen auch für Maschinenanlagen?


Die EMV-Richtlinie erläutert in mehreren Erwägungsgründen die Intension des europäischen Gesetzgebers:

Erwägungsgrund 8:
Betriebsmittel, die von dieser Richtlinie erfasst werden, sollten sowohl Geräte als auch ortsfeste Anlagen umfassen. Für beide sollten jedoch unterschiedliche Regelungen getroffen werden. Der Grund dafür ist, dass ein Gerät innerhalb der Gemeinschaft an jeden Ort verbracht werden kann, während eine ortsfeste Anlage eine Gesamtheit von Geräten und gegebenenfalls anderen Einrichtungen ist, die dauerhaft an einem bestimmten Ort installiert ist. Solche Anlagen entsprechen meist in Aufbau und Funktionsweise den spezifischen Bedürfnissen des Betreibers.

Erwägungsgrund 26:
Ortsfeste Anlagen
, unter anderem große Maschinen und Netze, können elektromagnetische Störungen verursachen oder gegen solche Störungen empfindlich sein. Zwischen ortsfesten Anlagen und Geräten können Schnittstellen bestehen, und von ortsfesten Anlagen verursachte elektromagnetische Erscheinungen können Geräte stören und umgekehrt. Unter dem Aspekt der elektromagnetischen Verträglichkeit ist es unerheblich, ob eine elektromagnetische Störung von einem Gerät oder einer ortsfesten Anlage verursacht wird. Deshalb sollte für beide ein kohärentes und umfassendes System grundlegender Anforderungen gelten.

Erwägungsgrund 32:
Eine Konformitätsbewertung für Geräte, die nur zum Einbau in eine bestimmte ortsfeste Anlage in Verkehr gebracht und ansonsten nicht auf dem Markt bereitgestellt werden, ist getrennt von der ortsfesten Anlage, in die sie eingebaut werden, nicht zweckdienlich. Solche Geräte sollten deshalb von den üblichen Konformitätsbewertungsverfahren für Geräte ausgenommen werden. Sie sollten jedoch die Konformität der ortsfesten Anlage, in die sie eingebaut werden, nicht beeinträchtigen dürfen. Bei Einbau eines Geräts in mehr als eine identische ortsfeste Anlage sollte die Angabe der Merkmale der elektromagnetischen Verträglichkeit der betreffenden Anlagen für eine Freistellung vom Konformitätsbewertungsverfahren ausreichen.

Erwägungsgrund 36:
Wegen der besonderen Merkmale ortsfester Anlagen ist für sie keine EU-Konformitätserklärung und keine Anbringung der CE-Kennzeichnung erforderlich.

Im sog. "verfügenden Teil" der EMV-Richtlinie werden die rechtsverbindlichen Bestimmungen formuliert:

Artikel 3

(1) Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten die folgenden Begriffsbestimmungen:
1. „Betriebsmittel“: ein Gerät oder eine ortsfeste Anlage;
[...]
3. „ortsfeste Anlage“: eine besondere Kombination von Geräten unterschiedlicher Art und gegebenenfalls weiteren Einrichtungen, die miteinander verbunden oder installiert werden und dazu bestimmt sind, auf Dauer an einem vorbestimmten Ort betrieben zu werden;
[...]

Artikel 6
Wesentliche Anforderungen

Die Betriebsmittel müssen die in Anhang I aufgeführten wesentlichen Anforderungen erfüllen.

Artikel 19
Ortsfeste Anlagen

[...]
(2) Gibt es Anzeichen dafür, dass eine ortsfeste Anlage den Anforderungen dieser Richtlinie nicht entspricht, insbesondere bei Beschwerden über von ihr verursachte Störungen, so können die zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaates den Nachweis ihrer Konformität verlangen und gegebenenfalls eine Überprüfung veranlassen.

Wird festgestellt, dass die ortsfeste Anlage den Anforderungen nicht entspricht, so ordnen die zuständigen Behörden geeignete Maßnahmen zur Herstellung der Konformität mit den wesentlichen Anforderungen nach Anhang I an.

Der in deutscher Fassung vorliegende europäische Leitfaden zur aufgehobenen EMV-Richtlinie 2004/108/EG erläutert aus Sicht der EU-Kommission die "alte" EMV-Richtlinie. Der Leitfaden zur neuen EMV-Richtlinie 2014/30/EU liegt nur in englischer Sprache vor, ist aber an dieser Stelle unverändert gegenüber dem alten Leitfaden. Zur Definition der ortsfesten Anlagen führen der "alte" Leitfaden und analog der neue Leitfaden in seiner englischen Fassung aus:

Nr. 1.3 Was umfasst der Ausdruck ortsfeste Anlagen?
(Neuer Leitfaden: 1.6.1 Fixed installations)

1.3.1 Ortsfeste Anlagen
Eine "ortsfeste Anlage" ist laut Definition “eine besondere Kombination von Geräten unterschiedlicher Art und gegebenenfalls weiteren Einrichtungen, die miteinander verbunden oder installiert werden und dazu bestimmt sind, auf Dauer an einem vorbestimmten Ort betrieben zu werden".

"Ortsfeste Anlage" ist somit ein alles umfassender Ausdruck für sämtliche elektrischen Anlagen, die als dauerhafte Anlagen gebaut werden. Die Definition schließt alle Anlagen ein, von der kleinsten privaten Elektroinstallation bis zu nationalen Strom- und Telefonnetzen einschließlich aller geschäftlichen und industriellen Anlagen.

Von der EMV-Richtlinie ausgenommen sind „aufgrund ihrer Beschaffenheit unkritische“ Anlagen. Es erscheint jedoch problematisch, dieses Ausnahmekriterium "a- priori" auf eine bestimmte Art von Anlagen anzuwenden; Ausnahmen können nur auf Einzelfallbasis erfolgen.

Der Ausdruck “ortsfeste Anlage” umfasst auch Großmaschinen, soweit sie der Definition für ortsfeste Anlagen entsprechen, z.B. Produktionsanlagen. Großmaschinen im üblichen Sinne sind normalerweise Geräte und müssen als solche behandelt werden.

Beispiele für ortsfeste Anlagen sind:
Industrieanlagen, Kraftwerke, [...], Gepäckbearbeitungsanlagen am Flughafen, [...], automatische Lager, Maschinenanlagen in Eissporthallen, Sturmflutwehranlagen (mit Kontrollraum usw.), Windenergieanlagen, Fahrzeugmontageanlagen, Wasserpumpstationen, Wasseraufbereitungsanlagen, [...], Klimaanlagen.

Fazit:
Die Definition in der EMV-Richtlinie für ortsfeste Anlagen taugt nicht für eine messerscharfe Trennung zwischen Geräten und ortsfesten Anlagen. Sie gibt lediglich allgemeine Kriterien hierfür an und überlässt es grundsätzlich dem Hersteller im Rahmen der bestimmungsgemäßen Verwendung festzulegen, ob  "Betriebsmittel" "dazu bestimmt sind, auf Dauer an einem vorbestimmten Ort betrieben zu werden".

Die Beispiele in dem EMV-Leitfaden für ortsfeste Anlagen geben eine Richtung an, was der Gesetzgeber hierunter versteht. Hier sind u.a. Maschinenanlagen oder wie es nach der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG heißt: "Gesamtheiten von Maschinen" aufgeführt, die erkennbar dazu bestimmt sind, an dem Ort auf Dauer stehen zu bleiben, wo sie vom Hersteller aufgebaut wurden. Ein besonderes Merkmal ist aus Sicht des Kommentators, dass die hier aufgeführten Anlagen regelmäßig "taylor-made" auf die örtlichen Gegebenheiten zugeschnitten sind. Schon deshalb ist es nicht zu erwarten, dass sie nach einem bestimmten Zeitablauf umgesetzt und genauso auch an anderer Stelle betrieben werden (können). Dabei wird nicht verkannt, dass auch "ortsfesten Anlagen" grundsätzlich später demontiert und an anderer Stelle wieder aufgebaut werden können. Das ist dann aber nicht die ursprüngliche Bestimmung durch den Hersteller und erfordert regelmäßig einen größeren Aufwand und -erhebliche- Anpassungen.

Ob es sinnvoll ist, sich in dem Spielraum, den die Definition für die Abgrenzung von Geräten zu ortsfesten Anlagen lässt, bei Maschinenanlagen für ortsfeste Anlagen zu entscheiden, muss der Hersteller im Einzelfall für sich entscheiden. Hierbei sollte er berücksichtigen:

  • Der Anlagenhersteller muss im Rahmen der Maschinenrichtlinie ohnehin ein Konformitätsbewertungsverfahren durchführen. Dieses unterscheidet sich nicht von dem der EMV-Richtlinie für Geräte.
  • Nach der EMV-Richtlinie muss der Anlagenhersteller auf jeden Fall sicher stellen, dass die Anlage den Anforderungen des Anhang I dieser Richtlinie entspricht. Ggf. kann die Behörde hierzu auch den Nachweis der Konformität verlangen.
  • Im Rahmen der Maschinenrichtlinie muss der Anlagenhersteller eine EG-Konformitätserklärung ausstellen und die CE-Kennzeichnung anbringen.
  • In der EG-Konformitätserklärung nach der Maschinenrichtlinie muss der Hersteller u.a. auch die Einhaltung der EMV-Richtlinie bescheinigen.

Aus den vorgenannten Gründen ist in Bezug auf den Maschinenbau / Maschinenanlagenbau nicht zu erkennen, wo die große "EMV-Erleichterung" liegt, wenn der Hersteller sich im Zweifel nicht für ein Gerät, sondern für eine ortsfeste Anlage entscheidet. Dazu kommt, dass ein von der Behörde im Nachhinein geforderter Konformitätsnachweis für die Maschinenanlage in Bezug auf die Anforderungen der EMV-Richtlinie in der Praxis erhebliche Probleme bereiten wird.

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